Warum Strafgebühren allein unser Gesundheitssystem nicht heilen werden
Immer mehr Arzttermine werden unentschuldigt verpasst – jetzt fordern Ärztevertreter Strafgebühren. Doch ist das gerecht?
Kommentar zum Artikel „Ärztevertreter fordern Strafen für Termin-Schwänzer“ (tagesschau.de, 01.04.2025)
ZUSAMMENHANG:
In dem Artikel wird eine aktuelle Debatte aufgegriffen, die zunehmend an Brisanz gewinnt: Immer mehr Patienten erscheinen nicht zu vereinbarten Arztterminen – laut KBV-Chef Gassen liegt die Ausfallquote mittlerweile bei 10 bis 20 Prozent. Ärzteverbände fordern deshalb Strafgebühren von 10 bis 100 Euro, je nach Aufwand. Die Begründung: Wer nicht absagt, blockiert wertvolle medizinische Ressourcen, besonders bei spezialisierten Untersuchungen oder Operationen. Gleichzeitig gibt es Widerstand – von Patientenschützern, Gewerkschaften und Bundesgesundheitsminister Lauterbach, die vor allem auf die strukturellen Probleme im Gesundheitswesen hinweisen: übervolle Wartezimmer, kaum verfügbare Termine und eine Schieflage zwischen Kassen- und Privatpatienten.
MEINUNG:
Das Problem ist real – aber die Lösungsvorschläge sind einseitig. Wer Termine nicht wahrnimmt, ohne abzusagen, handelt rücksichtslos gegenüber anderen Patienten und belastet das Gesundheitssystem. Eine moderate Ausfallgebühr kann hier sinnvoll sein – nicht als Strafe, sondern als Anreiz zur Verbindlichkeit.
ABER: Es darf nicht zur sozialen Hürde werden. Eine 100-Euro-Gebühr ist in vielen Haushalten schlicht nicht leistbar.
Statt mit der Keule zu drohen, braucht es zweierlei: erstens technische Lösungen, die Absagen einfacher machen (z. B. Termin-Apps mit Erinnerungsfunktion), und zweitens eine bessere Versorgungslage. Solange Patienten monatelang auf einen Termin warten, ist die Diskussion um Ausfallgebühren einseitig. Wer Verantwortung fordert, muss sie auch selbst übernehmen – das gilt für Ärzte ebenso wie für die Politik.
Was meinen Sie?